Medizinnobelpreis 1902: Ronald Ross

Medizinnobelpreis 1902: Ronald Ross
Medizinnobelpreis 1902: Ronald Ross
 
Der Brite wurde für seine Arbeiten über Malaria ausgezeichnet, die »den Grundstein für eine erfolgreiche Erfoschung dieser Krankheit und ihrer Behandlungsmethoden legte«.
 
 
Sir (seit 1911) Ronald Ross, * Almora (Nepal, damals zu Britisch-Indien) 13. 5. 1857, ✝ London 16. 9. 1932; 1874-79 Medizinstudium am St. Bartholomew's Hospital in London, 1881-99 Sanitätsoffizier in Indien, ab 1899 Hochschullehrer an der Liverpool School of Tropical Diseases, von dort aus Entsendung zu Studien nach Afrika, ab 1902 Professor für Tropenmedizin am University College London, ab 1912 am Hospital des King's College in London, 1923-26 Direktor des Royal Institute and Hospital for Tropical Diseases.
 
 Würdigung der preisgekrönten Leistung
 
Die Auszeichnung Ronald Ross' mit dem Nobelpreis kann bis heute als völlig unstrittig gelten. Denn seine Forschungen zur Malaria mündeten in den Nachweis, wie diese Krankheit in den Organismus gelangt, und damit war die Voraussetzung für eine erfolgreiche Malariavorbeugung gegeben. Und die Malariaprophylaxe hat bis heute Millionen Menschen das Leben gerettet.
 
 Spross einer Soldatenfamilie
 
Ronald Ross wurde am 13. Mai 1857 als Sohn eines Generals der englischen Armee geboren. Nach dem Medizinstudium trat er als Sanitätsoffizier 1881 dem Indian Medical Service bei, nachdem er einige Monate als Schiffsarzt zwischen London und New York gefahren war. In Bombay traf er am 23. September 1881 ein. Der Dienst in Indien, während dem Ronald Ross erstmals mit Malaria und Moskitos in Berührung kam, wurde 1888 durch einen mehrmonatigen Urlaub in London unterbrochen, der dem jungen Militärarzt Gelegenheit zur Heirat mit Rosa Bloxam und zur Teilnahme an einem hygienisch-bakteriologischen Fortbildungskurs gab.
 
Zurück in Madras erhielt Ross ein Kommando nach Burma, wo er begann, sich dem Entwicklungsgang der Moskitos und dem Studium der Malaria zu widmen. Diese Studien setzte er in Bangalore und Haidarabad fort. Angeregt durch die Moskitotheorie Sir Patrick Mansons, der ihn von der durch Alphonse Laveran (Nobelpreis 1907) erstmals nachgewiesenen Existenz pigmentierter Parasiten im Blut Malariakranker überzeugt hatte, erforschte Ross den Lebenszyklus der Malariaparasiten. Nachdem er zuvor in einer Reihe von Experimenten an Freiwilligen, die er für ein Entgelt von wenigen Rupien Tümpelwasser trinken ließ, gezeigt hatte, dass der Genuss vergifteten Wassers (Moskitos, Larven) nicht zur Malariaerkrankung führt, gelang es ihm 1895 zunächst, im Magen von Moskitos die aus den Gametozyten entwickelten Geißelfäden nachzuweisen (ohne sie als Gameten zu identifizieren).
 
Am 20. August 1897 (»Mosquito day«) entdeckte er in der Magenwand einer Anophelesmücke eine Zyste mit schwarzen Pigmentkörperchen (Ross'sche Keime). Untersuchungen an malariainfizierten Vögeln wiesen schließlich den Weg zur Entschlüsselung des parasitären Lebenszyklus einschließlich der Entwicklungsstadien in den Speicheldrüsen der Moskitos (1898).
 
 Karriere als Hochschullehrer und Forscher
 
Nach der Entlassung aus dem Kolonialdienst war Ross seit 1899 zunächst als Hochschullehrer an der Liverpool School of Tropical Diseases tätig, wurde aber schon bald zu Malariastudien nach Westafrika gesandt. Dort gelang es ihm, die Moskitoarten zu identifizieren, die das tödliche Malaria-tropica-Fieber verbreiteten. Ross' Studien wurden kurze Zeit später von einer Reihe bedeutender europäischer Tropenhygieniker bestätigt, unter ihnen war beispielsweise Robert Koch (Nobelpreis 1905). Im Jahr 1901 wurde Ross zum Fellow des Royal College of Surgeons of England und gleichzeitig zum Fellow der Royal Society berufen, deren Vizepräsident er zwischen 1911 und 1913 war. Vom Britischen König wurde er 1902 zum Companion of the Most Honourable Order of Bath berufen, in dem er 1911 zum Rang eines Knight Commander aufstieg, was der Erhebung in den Adelsstand entsprach.
 
Akademisch bekleidete Ross seit 1902 die neu begründete »Sir Alfred Jones«-Professur in Tropenmedizin am Londoner University College, wechselte aber 1912 als Professor für Tropenkrankheiten ans Hospital des King's College, von wo aus er gleichzeitig bis 1917 als Professor für tropische Gesundheitslehre in Liverpool unterrichtete. Während des Ersten Weltkriegs diente Ross dem Britischen Kriegministerium als beratender Tropenhygieniker, eine Tätigkeit, die sich über das Kriegsende hinweg fortsetzte und seit 1818 vor allem der Beratung in Pensionsfragen gewidmet war. Zwischen 1914 und 1918 führten ihn — vorwiegend malariologische — Visitationsreisen nach Westafrika, in die Sueskanalzone, nach Griechenland, Mauritius und Zypern, wo er unter anderem die erfolgreiche Malariaausrottungskampagne vorbereitete, die die Insel in der Mitte des 20. Jahrhunderts vollkommen von der Malaria befreite. Von 1923 bis 1926 stand Ross als Direktor dem Royal Institute and Hospital for Tropical Diseases vor.
 
 Wichtiger als die Schlacht von Waterloo
 
Zu den Höhepunkten von Ross' Tätigkeit als Forscher und Lehrer gehörte sicher die Teilnahme an der feierlichen Eröffnung des nach ihm benannten und unter anderem der »Bekämpfung der Malaria im Britischen Imperium« gewidmeten Ross Institute of Tropical Hygiene durch den Prinzen von Wales am 15. Juli 1926. Ross stand »seinem« Institut bis zum Lebensende als leitender Direktor vor. Als weitere Direktoren wirkten dort die berühmten Tropenmediziner Sir Walter Simpson und Sir Aldo Castellani mit ihm zusammen. Die größte Ehrung als Wissenschaftler erfuhr Ronald Ross zweifellos am 3. November 1902 durch die Verleihung des Nobelpreises für Medizin in Anerkennung seiner Malariastudien. In der Laudatio des damaligen Direktors des königlichen Karolinska-Instituts, Professor K. A. H. Mörner, hieß es: »Durch Ihre Studien haben Sie die verborgenen Geheimnisse der Malaria entschleiert. Sie haben die Wissenschaften mit neuen Ergebnissen von größtem biologischem Interesse und von höchster medizinischer Bedeutung bereichert. Sie haben den Grundstein für den Kampf gegen die Malaria gelegt, diese schreckliche Geißel so vieler Länder
 
Ross selbst war sich der großen Bedeutung seiner Malariaforschungen wohl auch stets bewusst. Als ihn der Schriftsteller Jan Maclaren einmal fragte, ob denn wirklich »die Geschichte mit den Malariaparasiten so wichtig« sei, soll Ross ohne Zögern geantwortet haben: »Aber sicher, wichtiger als die Schlacht von Waterloo. Napoleon soll in seinem Leben eine Million Menschen getötet haben. Diese Parasiten raffen wahrscheinlich jedes Jahr ebensoviele Menschen dahin.« Sir Ronald Ross starb am 16. September 1932 im Alter von 75 Jahren in London.
 
W. Eckart

Universal-Lexikon. 2012.

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